Nachdem es zwischen der 18-jährigen Antragstellerin und ihrer Mutter, welche bis dahin in einer gemeinsamen Wohnung lebten, zu heftigen teilweise gewalttätigen Streitigkeiten kam, wollte die Tochter in eine eigene Wohnung umziehen. Dies auch auf Empfehlung der Jugendhilfe, welche die Situation zu Hause für nicht tragbar hielt. Die Antragstellerin hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach bei Bekannten und Jugendhilfeeinrichtungen nächtigen müssen.
Die Tochter befand sich zum damaligen Zeitpunkt in eine Ausbildung und beantragte daher mangels eigener Finanzierbarkeit beim JobCenter die Übernahme der Umzugskosten und der Mietkosten. Dieses lehnte mit der Begründung ab, es sei gar nicht zuständig, sondern das Sozialamt.
Bereits in der 1. Instanz unterlag das JobCenter, nachdem die Tochter gegen den ablehnenden Bescheid Klage erhoben und zudem einen sogenannten Eilantrag beim Sozialgericht Hildesheim gestellt hatte. Aus Sicht der Tochter war die Angelegenheit dringlich und bot hinreichend Aussicht auf Erfolg. Dem stimmte im Ergebnis das Gericht zu und verurteilte das JobCenter zumindest im Rahmen des Eilverfahrens erst einmal für 6 Monate die Mietkosten zu übernehmen. Das JobCenter allerdings akzeptierte diese Entscheidung nicht und legte Beschwerde beim Landessozialgericht ein.
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat daraufhin bestätigt, dass das JobCenter für die nächsten 6 Monate die Unterkunftskosten zu tragen hat. Ein Streit unter den beteiligten Leistungsträgern (hier das JobCenter und das Sozialamt) könne nicht zulasten der Antragstellerin gehen, welche sich in einer Notsituation befand und dringend den Haushalt der Mutter verlassen musste.
Das Gericht führte aus, dass die Gewährung von Leistungen der Jugendhilfe durch das Sozialamt nicht ausnahmslos Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ausschließen würde. Beide Leistungen hätten keine identische Zielrichtung. Auch der Bezug von BAföG-Leistungen stehe Leistungen des JobCenters nicht von vornherein entgegen. Es hätten schwerwiegende soziale Gründe vorgelegen, die ein unverzügliches Handeln erforderlich gemacht haben und aufgrund derer die Tochter nicht mehr in der Wohnung der Mutter bleiben müsse. Das JobCenter hätte, so das Gericht, zunächst die Leistung aufgrund der Notlage übernehmen müssen und gegebenenfalls Zuständigkeitsprobleme im Anschluss in einem Erstattungsstreit mit dem Sozialamt klären müssen.
Eine begrüßenswerte Entscheidung, die einmal mehr zeigt, dass oftmals von staatlichen Behörden aus den Augen verloren wird, dass sie über menschliche Schicksale entscheiden.
Verfahrensgang: Sozialgericht Hildesheim, Beschluss vom 4. November 2016 – S 15 AS 4245/16 ER; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 2. Februar 2017 – L 11 AS 983/16 B ER
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